Die Haie (Selachii) sind eine Überordnung in der Unterklasse der Plattenkiemer (Elasmobranchii). Sie werden in acht Ordnungen eingeteilt, zu denen etwa 30 Familien und rund 460 Arten gehören. Ihre nächsten Verwandten sind die Rochen (Batoidea), die vier weitere Ordnungen der Plattenkiemer bilden.

Haie tragen je fünf offene Kiemenspalten an den Körperseiten. Eine Ausnahme bilden die Grauhaiartigen (Hexanchiformes) mit je sechs Kiemenspalten. Ihre Haut ist mit Placoidschuppen bedeckt. Ihre nachwachsenden Zähne sind im Aufbau den Placoidschuppen sehr ähnlich. Sie ernähren sich räuberisch mit Ausnahme der bis zu 18 Meter langen Walhaie, der Riesenhaie und der Riesenmaulhaie, die Planktonfresser sind.

Anders als die meisten Fischarten haben Haie ein sehr langsames Wachstum und erreichen teilweise erst mit 30 Jahren die Geschlechtsreife. Verbunden mit der geringen Zahl von Nachkommen führt das dazu, dass sich überfischte Haibestände nur sehr langsam erholen. Durch den Fang zur Herstellung von Haiflossensuppe (vermeintliches Aphrodisiakum) und anderen Haiprodukten wie Steaks, Schillerlocken und Seeaal sind viele Haiarten deshalb in ihrem Bestand bedroht.

Bereits im Erdzeitalter des Devon vor etwa 400 bis 350 Millionen Jahren tauchten erste haifischähnliche Arten auf, wie zum Beispiel der Cladoselache. Bis 1986 entdeckte man weitere Urhaie, die im folgenden Zeitalter des Karbon lebten. Viele von ihnen hatten einen oder mehrere lange Stachel auf ihrem Kopf. Obwohl die Bedeutung dieser Stachel noch nicht genau bekannt ist, schätzt man, dass sie zur Verteidigung verwendet wurden. Einer der größten Haie war der 20 Meter lange Megalodon, der vor 15 bis 1 Million Jahren lebte. Da Haie zum größten Teil aus Knorpeln bestehen, findet man als Fossilien meist nur noch Zähne, was eine genaue Erforschung der Urhaie immens erschwert.

Die Gefahr von Haiangriffen wird oft übertrieben dargestellt; so ist die Wahrscheinlichkeit von einem Blitz getroffen zu werden höher als die Gefahr einer Haiattacke. In einem Jahr registriert man durchschnittlich 100 Haiangriffe; ungefähr fünf bis 15 davon enden tödlich. Viele dieser Angriffe sind das Ergebnis folgender Faktoren:

  • Belästigung durch den Menschen: Es gibt Fälle, in denen Personen, meistens Jugendliche, Eindruck bei ihren Altersgenossen schinden wollen, in dem sie versuchen, die Flosse eines langsamen Ammenhais zu greifen. Für gewöhnlich verschwinden diese Haie, aber es gab auch Fälle, in denen sie sich umdrehten und die betroffene Person angriffen.
  • Verwechslung: Ein Weißer Hai (Carcharodon carcharias) kann bei einem Angriff den meisten Schaden verursachen. Oftmals werden Menschen, die in dunklen Gewässern schwimmen, als Beute wahrgenommen. Sehr häufig kommt es auch vor, dass der Hai einen Wellenreiter attackiert, da er dessen Brett mit seiner Lieblingsmahlzeit, einer Robbe, verwechselt.

Obwohl viele Menschen bei solchen Haiangriffen fast automatisch an einen weißen Hai denken, so ist doch in Wirklichkeit der Bullenhai (Charcharinus leucas) für die meisten Attacken verantwortlich. Unter andrem liegt das daran, dass diese Haie oftmals die Flüsse heraufschwimmen und dort wochenlang verweilen (Amazonas, Nicaraguasee, Sambesi). Ein berühmter Fall, in dem ein Hai gleich mehrere Tage hintereinander zuschlug, fand in New Jersey statt. Während der Tage vom 1. Juli bis zum 6. Juli 1916 wurden fünf Menschen angegriffen. Vier Betroffene überlebten nicht. Am sechsten Tag griff ein Hai den elfjährigen Jungen Lester Stillwell an und zog ihn in die Tiefe. Ein Mann namens Stanley Fisher versuchte den Jungen zu retten, wurde aber selber am Oberschenkel gebissen und starb kurz darauf im Krankenhaus. Während der Ereignisse flohen die anderen Menschen aus dem Wasser. Dennoch wurde ein weiterer Junge, Joseph Dunn, am Bein gebissen. Bei der darauffolgenden Jagd fing man einen über zwei Meter großen weißen Hai. Als man den Mageninhalt durchsuchte, wurden Fleisch- und Knochenreste entdeckt, die von Menschen stammen sollten. Jedoch konnte dies nie offiziell bestätigt werden. Obwohl die Angriffe danach abbrachen, geht man doch davon aus, dass es ein Bullenhai war, der die Menschen attackierte.

Zusätzlich zu dem Großen Weißen Hai (Charcharadon charcharias) und dem Bullenhai (Carcharhinus leucas), haben bereits Weißspitzen-Hochseehaie (Carcharhinus longimanus) und Tigerhaie (Galeocerdo cuvier) Menschen nachweislich getötet. Die meisten Angriffe geschehen im Pazifik.

Weitere zehn Arten haben den Menschen bereits gebissen, jedoch ohne tödlichen Ausgang. Zu diesen Arten zählen unter anderem der Makohai (Isurus spec.), der Seidenhai (Carcharhinus falciformis) oder auch der Hammerhai (Carcharhinus falciformis). Nicht diesen Arten zuzurechnen ist der Ammenhai, da dieser niemals von sich aus Menschen angreifen würde.

Es wird häufig behauptet, dass Haie kein Menschenfleisch mögen. Diese Behauptung rührt daher, dass Haie oftmals nur einmal zubeißen, dann aber wieder verschwinden. Dieses Verhalten kann aber auch anders erklärt werden. Wenn ein Hai einen Seelöwen oder eine Robbe angreift, stellen die Augen die verletzlichsten Körperteile eines Hais dar, die ein angegriffenes Tier noch erreichen kann. Um sich vor Verletzungen zu schützen, die von den scharfen Krallen des sich wehrenden Tiers entstehen können, verschwindet der Hai kurzzeitig. Er wartet bis sein Opfer genügend Blut verloren hat, um es dann in dem geschwächten Zustand erneut anzugreifen. Selbst unter Annahme dieser Theorie, kann man jedoch sagen, dass Menschen auf gar keinen Fall eine bevorzugte Beute für Haie darstellen.

Eine weitere Theorie beruht auf der Tatsache, dass bei diesen so genannten Prüfbissen oft nur eine kleine Fleischwunde entsteht. Immer mehr kristallisiert sich in der Haiforschung heraus, dass Haie intelligente Tiere sind, die ein komplexes Sozialverhalten zeigen. Besonders deutlich wird dies beim Grauen Riffhai (Charcharhinus amblyrhynchos), dessen mit gesenkten Brustflossen schwimmendes Warnverhalten bei Nichtbeachten oft schon zu Unfällen mit Menschen geführt hat. Es wäre denkbar, dass auch andere Haie ein solches Warnverhalten zeigen und dass große Konkurrenten (Haie, Kleinwale, Menschen, etc.) mit Bissen attackiert werden, um sie zu vertreiben. Dies würde die Tatsache erklären, dass einige Haiangriffe oft nur kleine Fleischwunden zur Folge haben.

Als „Finning“ wird die Praxis bezeichnet, bei welcher Haien ganz oder teilweise die kulinarisch begehrten Flossen vom Körper abgetrennt werden. Dies geschieht oftmals ohne das Tier vorher zu töten. In der Regel wird das gefinnte Tier zum Teil noch lebendig wieder zurück ins Meer geworfen, da die Flossen weniger Laderaum beanspruchen als der ganze Körper. Da der Hai die Flossen zum Schwimmen und somit auch zum Atmen braucht, sinkt er zu Boden und verendet auf elendige Weise.

Auffallende Köpermerkmale der Haifische sind seit vielen Jahren Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Bereits Ende der 1970er Jahre entdeckten Forscher eine mikroskopisch feine Struktur der Haifischhaut. Sie ist mit winzigen Schuppen besetzt, die in Strömungsrichtung verlaufende Längsrippen aufweisen. Derartige Strukturen verringern den Strömungswiderstand. Nach diesem Vorbild existieren bereits Schwimmanzüge sowie eine Folie, die beispielsweise auf Außenhaut von Flugzeugen geklebt werden kann und den Energieverbrauch herabsetzt. Besonders einer Arbeitsgruppe um die Meeresbiologin Cheryl Wilga von der University of Rhode Island (USA), auch „shark lady“ genannt, befasst sich mit Haien.In einer ihrer ersten Arbeiten konnte das Team mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitskameras und winzigen Elektroden, die die Aktivität der Kiefermuskulatur aufzeichneten, das Beißverhalten von Haien näher untersuchen. Viele Experten glaubten bis dahin, dass Haie Beutestücke reißen, indem sie ihren Unterkiefer beim Zubeißen bewegen. Wilga zeigte, dass der Hai seinen Oberkiefer vor dem Biss nach vorne schiebt, zubeißt und dann wieder zurückschiebt ? eine Art Förderband mit Reißzähnen. Von der Rückenflosse, dem Furcht einflössenden Markenzeichen der Haie, ist bekannt, dass sie dem Tier Stabilität im Wasser verleiht und die ruckartigen Bewegungen der Schwanzflosse ausgleicht. Wie der Kiel eines Bootes sorgt sie dafür, dass der Hai eine stabile Schwimmlage einnehmen kann und nicht mit dem Bauch nach oben treibt.

Die Schwanzflosse ist – wie bei den meisten anderen fischen -bei Haien das Antriebsorgan. Obwohl Größe und Form der Schwanzflosse zwischen den einzelnen Haiarten stark variiert, fällt auf, dass der obere Schwanzflossenlappen (oberer Lobus) wesentlich größer ausgeprägt ist als der untere. Diese asymmetrische Schwanzflossenform wird auch als herterozerkal bezeichnet und kommt beispielsweise auch bei Stören vor. Welchen hydrodynamischen Vorteil dieser offensichtliche Symmetriebruch für die Bewegung der Haie hat, ist noch weitgehend unklar.

Das Team um Wilga analysierte die Strömungswirbel, die durch die nach oben vergrößerte Schwanzflosse verursacht werden. Die Wissenschaftler führten ihre Untersuchungen an kleineren, 69 cm langen Dornhaien (Squalus acanthias) durch, eine der wenigen Arten, die in Gefangenschaft überleben. Um das von der Schwanzflosse erzeugte Strömungsmuster im klaren Wasser sichtbar zu machen, wurde das so genannte DPIV-Verfahren (DPIV: digital particle-image velocimetry, digitale Partikelbild-Geschwindigkeitsmessung) benutzt. Dazu wird das Wasser mit unzähligen winzigen Glaskügelchen angereichert, die so klein sind, dass sie mühelos durch die Kiemen der Haie strömen können. Jeder dieser Kugeln ist mit Silber beschichtet. Zur Beobachtung wird ein Laser benutzt, der einen breiten Strahl ? ähnlich einem Blatt Papier ? vertikal durch das Wasserbecken sendet. Durch den Schwanzschlag des Haifischs geraten die Kügelchen in Bewegung, wodurch sich die Reflexion des Laserlichts verändert. Die Strömungsmuster im Kielwasser des Fischs wurden mit einer Hochgeschwindigkeitskamera aufgezeichnet.

Die Auswertung zeigte eine komplexere Wirbelbildung als sie von anderen Fischen mit symmetrischen Schwanzflossen bekannt ist. Die Flosse des Hais verdreht sich während des Schlags im oberen Teil um eine Achse, die in Bezug zur Schwimmrichtung eine Aufwärtsneigung aufweist. Es entstehen ringförmig ineinander gelagerte Wirbelzentren, die am oberen Ende miteinander verschmelzen. Zusammen produzieren diese beiden Wirbel einen effektiven Strömungsjet, der nach hinten und nach unten gerichtet ist, der erforderliche Rückstoß für den Antrieb des Tieres. Die Forscher vermuten, dass durch die abwärts geneigte Wirbelbildung auch die vertikale Manövrierfähigkeit des Tieres zunehmen könnte.

Das Team will jetzt untersuchen, inwieweit die Schwanzflosse tatsächlich der Höhenkontrolle dient. Die Wissenschaftler wollen jedoch nicht nur die Hai-Anatomie besser verstehen. Ein Vergleich mit Strömungsmuster, die entstehen, wenn Wasser aus Rohren mit schräger Öffnung herausgeschleudert wird, zeigte gute Übereinstimmung. Die Schwanzflosse des Hais wirkt beim Schlag, bei dem sich die beiden asymmetrischen Enden gegeneinander rollen, demnach wie ein Rohr mit schräger Öffnung auf das durchströmende Wasser. Das aufgezeigte Prinzip könnte zur Entwicklung besserer Antriebe und Steuermechanismen bei Schiffen und U-Booten beitragen.