Bei Laktoseintoleranz (auch als Milchzuckerunverträglichkeit, Kohlenhydratmalabsorption, Lactosemalabsorption, Lactasemangelsyndrom oder Alactasie bezeichnet) wird der mit der Nahrung aufgenommene Milchzucker (Laktose) nicht oder nicht vollständig abgebaut, als Folge von fehlender oder verminderter Produktion des Verdauungsenzyms Lactase. Lactoseintoleranz ist der menschliche Normalfall; fast ausschließlich Westeuropäer, Araber und deren Nachfahren sind aufgrund einer genetischen Veränderung in der Lage, Laktose abzubauen.

Da in Westeuropa, Australien und Nordamerika die Zahl der Menschen mit Lactoseintoleranz sehr gering ist, wird sie dort oft fälschlicherweise als Krankheit angesehen. Ähnliche Symptome bei Aufnahme von Fruchtzucker (Fruktose) zeigt die Fruktosemalabsorption. Eine Reihe von Patienten mit Symptomen des Reizdarmsyndroms leidet, ohne es zu wissen, unter Kohlenhydratmalabsorption.

Die Lactoseintoleranz als passiver Enzymmangel darf nicht mit der selteneren Milchallergie verwechselt werden, bei der es sich um eine aktive Immunreaktion aufgrund einer echten Allergie gegen Kuhmilcheiweiß handelt.

Lactasemangel kann verschiedene Ursachen haben:

  • Angeborener Lactasemangel: Aufgrund eines Gendefekts ist die Lactasebildung stark eingeschränkt, oder es kann überhaupt kein Enzym gebildet werden (so genannte Alactasie). Die Vererbung erfolgt angeblich autosomal-rezessiv. Da dadurch die Wachstums- und Entwicklungsphase nach der Geburt stark beeinträchtigt wird, kann diese Erkrankung unbehandelt zu schwersten Gehirnschäden führen.
  • Erkrankungen des Verdauungssystems können die Lactase-produzierenden Zellen so schädigen, dass eine lebenslange Lactoseintoleranz bestehen bleibt.
  • Physiologischer (natürlicher) Lactasemangel: Bei allen Kindern wird dieses Verdauungsenzym normalerweise in ausreichender Menge produziert. Mit zunehmendem Alter verringert sich die erzeugte Lactasemenge jedoch je nach Weltregion unterschiedlich: Während z. B. ein Großteil der erwachsenen asiatischen Bevölkerung keine Milchprodukte mehr verträgt, bereitet in nördlichen Bereichen (bei den meisten Bewohnern Europas und des nahen Ostens oder Menschen europäischer/nahöstlicher Abstammung) die Milchzuckeraufnahme meistens bis ins hohe Alter keine Probleme. Ein Erklärungsversuch dafür geht davon aus, dass die Lactoseintoleranz eigentlich eine Schutzfunktion darstellt – durch „Abschaltung“ der Milchzuckerverarbeitung bei ausgewachsenen Lebewesen soll die Milchversorgung der nachwachsenden Generationen nicht gefährdet werden. Während dieser Schutz bei allen Säugetierarten vorkommt, ist er bei einigen Teilen der menschlichen Weltbevölkerung jedoch aufgrund einer vor ca. 6.000 Jahren entstandenen und weitergegebenen Genmutation auf Chromosom 2 nicht mehr wirksam. Wann eine derartige Mutation stattgefunden hat, ist zur Zeit umstritten, die Wissenschaft geht entweder von einer einzigen Mutation etwa 4500 v.Chr. im Nahen Osten oder von mehreren, voneinander unabhängigen Mutationen gegen 4000 v.Chr. in Schweden und der arabischen Halbinsel aus. Vom Ursprung aus breitete sich die Mutation in der eurasischen Bevölkerung aus, gemeinsam mit der Viehwirtschaft.

Bei Lactoseintoleranz gelangen nach dem Konsum von Milch und Milchprodukten größere Mengen Milchzucker, die eigentlich im Dünndarm verarbeitet werden sollten, in den Dickdarm und werden dort von der Darmflora als Nährstoff fermentiert. In der Folge kommt es zu Völlegefühl, Blähungen, krampfartigen Bauchschmerzen und häufig auch zu Durchfällen. Anhaltende Lactosebelastung führt zur Reizung der Darmschleimhaut mit erhöhter Infektionsgefahr und Störung der Aufnahme von Vitaminen, Mineralstoffen und

Für die Diagnose der Lactosintoleranz gibt es einige teilweise leicht durchführbare Möglichkeiten:

  • Selbsttest: Auf leeren Magen wird ein Glas Milch getrunken. Treten danach Symptome auf, besteht zumindest der Verdacht auf Lactoseintoleranz.
  • Diättest: Eine zweiwöchige Diät ohne Milch und Milchprodukte. Treten in dieser Zeit keine Symptome mehr auf, kann die Diagnose als wahrscheinlich angenommen werden. Die Mahlzeiten müssen allerdings aus ihren Grundbestandteilen selbst zubereitet worden sein, weil viele Fertigprodukte versteckte Milchbestandteile oder Milchzucker enthalten können.
  • Lactoseintoleranz-Test: Unter ärztlicher Aufsicht wird ein Glas mit Lactoselösung getrunken. Die nachfolgende Labormessung des Blutzuckerspiegels (Lactose-Belastungstest) oder des Wasserstoffgehalts der Atemluft (Lactose-Atemtest) zeigt dann, ob der Milchzucker verarbeitet wurde.
  • Gentest: Seit kurzem kann bei Verdacht auf Lactoseintoleranz ein Gentest durchgeführt werden. Er wird von Medizinlabors aber nicht als Routineuntersuchung angeboten, da die anderen Möglichkeiten schneller und preiswerter sind.
  • Biopsie: In sehr seltenen Fällen muss eine Entnahme einer Gewebeprobe aus dem Dünndarm durchgeführt werden.

Die eigentliche Ursache für Milchzuckerunverträglichkeit ist nicht behandelbar. Die Auswirkungen können jedoch z. B. durch Umstellung der Ernährung auf Milchzuckerarme bzw. -freie Kost auf ein Minimum reduziert werden (hier muss allerdings einem möglichen Kalzium-Mangel vorgebeugt werden). Dazu existieren im Fachhandel zahlreiche Ratgeber, Lebensmittellisten und Kochbücher. Eine andere Möglichkeit ist die Lactasezufuhr von außen in Tabletten- oder Kapsel-Pulver-Form durch entsprechende pharmazeutische Produkte.

Ist die Milchzuckerunverträglichkeit die Folge einer gestörten Darmflora, so kann sie durch eine Ernährungsumstellung (Vollwertkost), eine Entsäuerung (Übersäuerung) und Darmaufbau/Symbioselenkung (Symbiont) wieder geheilt werden. Auch wurde schon von Fällen berichtet, in denen die Milchzuckerunverträglichkeit psychosomatisch bedingt war und z.B. durch die Kinesiologie geheilt werden konnte.